Auf eine Revision des Angeklagten gegen ein Urteils des Landgerichts Nürnberg, hat sich der BGH zur Abgrenzung der versuchten Tötung von einer gefährlichen Körperverletzung geäußert.

Der Angeklagte, ein „begeistertere Kickboxer“, hatte den Geschädigten mit einem Fußtritt zunächst gegen den Solarplexus und dann gegen sein Gesicht getreten. Der Geschädigte entging nur knapp dem Tode. Das Landgericht Nürnberg verurteilte den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) in Tateinheit mit Beleidigung (§ 185 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten und sprach dem Nebenkläger dem Grunde nach Schadensersatz zu.

Hätte der Angeklagte nach diesen Feststellungen wegen versuchter Tötung verurteilt werden müssen? Diese Frage beantwortet der BGH wie folgt:

„Das Willenselement des bedingten Vorsatzes ist bei Tötungsdelikten dann gegeben, wenn der Täter den von ihm als möglich erkannten Eintritt des Todes billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen damit abfindet. Dabei genügt für eine vorsätzliche Tatbegehung, dass der Täter den konkreten Erfolgseintritt akzeptiert und er sich innerlich mit ihm abgefunden hat, mag er auch seinen Wünschen nicht entsprochen haben. Hatte der Täter dagegen begründeten Anlass darauf zu vertrauen und vertraute er darauf, es werde nicht zum Erfolgseintritt kommen, kann bedingter Vorsatz nicht angenommen werden (…).

Bei der Prüfung, ob der Täter vorsätzlich gehandelt hat, muss sowohl das Wissens- als auch das Willenselement im Rahmen einer Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Dabei liegt zwar die Annahme einer Billigung des Todes des Opfers nahe, wenn der Täter sein Vorhaben trotz erkannter Lebensgefährlichkeit durchführt. Allein aus dem Wissen um den möglichen Erfolgseintritt oder die Gefährlichkeit des Verhaltens kann aber nicht ohne Berücksichtigung etwaiger sich aus der Tat und der Persönlichkeit des Täters ergebender Besonderheiten geschlossen werden, dass auch das Willenselement des Vorsatzes gegeben ist (…).

Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird das landgerichtliche Urteil zwar weitgehend gerecht. Die Strafkammer hat bei ihrer Gesamtbetrachtung insbesondere erwogen, dass dem Angeklagten – einem Kampfsportler (Kickboxer) – die Gefährlichkeit seiner Tritte gegen die Brust (Solarplexus) und gegen den Kopf des Geschädigten bewusst war. Das Landgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass allein aus der objektiven Gefährlichkeit nicht zwingend auf den – bedingten – Tötungsvorsatz geschlossen werden kann. Die Strafkammer gelangte dann – auch auf Grund des Nachtatverhaltens – zu der Überzeugung, dass der Angeklagte bei seiner Spontantat den Tod des B für völlig fernliegend erachtet und darauf vertraut hat, dass ein solcher auch nicht eintritt.

Kampf Revisionsverfahren

Die Strafkammer hat allerdings bei der Bewertung der Tathandlungen im Hinblick auf das Willenselement eine etwas verkürzte Betrachtung angestellt. Sie bewertet die beiden Tritte insoweit jeweils für sich: „Auch der wuchtig geführte einmalige Tritt in das Gesicht des am Boden liegenden Opfers reicht für sich allein nicht aus von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen.” Das Landgericht hebt dann im Weiteren vor allem darauf ab, dass dieser Tritt – ex post betrachtet – zu keinen gravierenden Verletzungen führte und nicht die Ursache für den späteren Zusammenbruch des B war. Damit kommt der maßgebliche Umstand etwas kurz, dass der Angeklagten in einer Angriffsfolge zwei – vom ersten Faustschlag ganz abgesehen – höchst lebensgefährliche Angriffe gegen sein Opfer führte. Deshalb spricht auch die Tatsache, dass die Auseinandersetzung insgesamt nur 14 Sekunden dauerte, nicht gegen einen – bedingten – Tötungsvorsatz“ (BGH, Urteil vom 21. 12. 2011 – 1 StR 400/11 (LG Nürnberg/Fürth)).

Die hiernach naheliegende Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes ist aus Sicht des BGH vorliegend jedoch irrelevant, weil der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen jedenfalls vom versuchten Totschlag strafbefreiend zurückgetreten wäre, weil er sich vom Tatopfer entfernte, obwohl er von weiteren Fußtritten – in schneller Folge – nicht gehindert war. Davon, dass er das Tatopfer bereits in extreme Lebensgefahr gebracht und damit im Grunde schon alles getan hatte, um ihn zu töten, wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nichts (vgl. insgesamt: BGH, Urteil vom 21. 12. 2011 – 1 StR 400/11 (LG Nürnberg/Fürth)).

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