Wenn das Tatgericht angenommen hat, dass der Angeklagte im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat, darf es ihm im Rahmen der Strafzumessung die Art der Tatausführung nur vorwerfen, wenn auszuschließen ist, dass diese nicht auf den die Steuerungsfähigkeit beeinträchtigenden Zustand zurückzuführen ist.

Folgendes war vorgefallen:

Das Landgericht Hildesheim verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Tat 1), wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zur Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten, ordnete seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an und bestimmte, dass 1 Jahr und 3 Monate der Freiheitsstrafe vor Vollziehung der Maßregel vollstreckt werden (BGH, Beschluss vom 31. 1. 2012 – 3 StR 453/11 (LG Hildesheim)).

„Nach den Feststellungen zu dieser Tat wollte der Angeklagte den Geschädigten aus Wut abstrafen, weil dieser ihn einige Zeit zuvor angespuckt und ihm eine Ohrfeige gegeben hatte. Er schlug ihm von hinten mit der Faust gegen den Kopf, wobei er dessen Arglosigkeit bewusst ausnutzte. Anschließend trat er mit Turnschuhen an den Füßen mindestens 7 Mal wuchtig auf den Kopf des Tatopfers ein und nahm dabei dessen möglichen Tod billigend in Kauf. Die – sachverständig beratene – Strafkammer ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch das Zusammenwirken seiner Alkoholisierung (BAK zur Tatzeit von 1,89‰) und einer massiven affektiven Erregung nicht ausschließbar in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert war (§ STGB § 21 StGB). In der Strafzumessung hat es zu Lasten des Angeklagten gewertet, dass er mit einem erschreckenden Ausmaß von roher und brutaler Gewalt gegen sein Opfer vorging“ (BGH, Beschluss vom 31. 1. 2012 – 3 StR 453/11 (LG Hildesheim)).

Fehlerhafte Strafzumessung

„Diese Strafzumessungserwägung begegnet unter den hier gegebenen Umständen durchgreifenden rechtlichen Bedenken; denn die Art der Tatausführung darf einem Angeklagten nur dann ohne Abstriche strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie in vollem Umfang vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht oder nur eingeschränkt zu vertretenen geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt (…). Damit, ob dem Angeklagten die ihm vorgeworfene „rohe und brutale Gewalt” seines Vorgehens trotz der Umstände, die seine nicht ausschließbar erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit begründen, uneingeschränkt vorwerfbar ist, setzt sich das Urteil indes nicht auseinander. Sie kann auch Ausdruck der verminderten Schuldfähigkeit gewesen sein“ (BGH, Beschluss vom 31. 1. 2012 – 3 StR 453/11 (LG Hildesheim)).