Durch das Bundesverfassungsgericht aus Karlsruhe wurde dem Landgericht Waldshut-Tiengen mithilfe einer einstweiligen Anordnung nun die Vernehmung einer Zeugin untersagt, da bei dieser eine Retraumatisierung drohen würde, 2 BvR 261/14.

Die Frau war Opfer eines Sexual- und Körperverletzungsdelikts geworden und sollte im Verfahren gegen ihren Peiniger vernommen werden.

Die als Zeugin geladene Frau jedoch wollte wegen bisheriger Fortschritte in einer therapeutischen Behandlung aus Angst vor einer Retraumatisierung nicht auf den Angeklagten treffen und beantragte deshalb eine audiovisuelle Vernehmung. Eine audiovisuelle Zeugenvernehmung bedeutet die Vernehmung in einem anderen Raum als dem Gerichtssaal, die dann per Video- und Tonsignal in der Verhandlung verfolgt wird. Dies gestattet den Opfern die Möglichkeit, ihre Aussage tätigen zu können, ohne dabei mit dem Täter konfrontiert zu werden, § 247 a Abs. 1 StPO.

Einstweilige Anordnung als schneller Rechtsschutz

Dieser Antrag wurde durch das Landgericht rund vier Wochen vor dem Verhandlungstermin abgelehnt, weshalb die Zeugin Verfassungsbeschwerde zum obersten deutschen Gericht einlegte.

Die Ausführungen des Landgerichts, man könne nicht auf ausreichende technische Sachmittel zurückgreifen, um eine audiovisuelle Vernehmung durchzuführen, entkräftete zunächst nicht das individuelle Opferinteresse und machte eine einstweilige Anordnung deshalb möglich.

Aufgrund der hohen Eilbedürftigkeit erließen die Richter des BVerfG eine einstweilige Anordnung, die die Abwehr schwerer Nachteile für die seelische Gesundheit der Antragstellerin bewirken soll. Denn eine Verfassungsbeschwerde bedeutet ein langwieriges Verfahren und könnte nicht bis zum herannahenden Zeugenvernehmungstermin abgeurteilt werden. Dies würde bedeuten, dass das Opfer bereits in Anwesenheit des Angeklagten hätte aussagen müssen, bevor eine Entscheidung zu ihrem Antrag auf audiovisuelle Vernehmung gefallen wäre.

Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzes werden nicht sämtliche ausschlaggebenden Gesichtspunkte des Antrags überprüft. Vielmehr genügt hierfür, dass die Erfolgsaussichten einer Verfassungsbeschwerde sich als offen darstellen. Für eine einstweilige Anordnung ist eine Abwägung erforderlich, die im Ergebnis überwiegende Gründe für einen Erlass aufzeigt.