Der 3. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) nimmt auf eine Revision des Angeklagten wieder einmal zu dem Zeugnisverweigerungsrecht i.S.d. § 52 StPO Stellung. Verkürzt gesagt: Die Ausübung des Rechts zu Schweigen, ist der Beweiswürdigung nicht zugänglich.

Verurteilung u.a. wegen schweren Raubes

„Das Landgericht Hannover hatte den Angeklagten u. a. wegen schweren Raubes verurteilt. Der Angeklagte hat zu dem Vorwurf, zusammen mit zwei nicht ermittelten Mittätern die Geschädigte in ihrem Haus überfallen, gefesselt und anschließend beraubt zu haben, keine Angaben gemacht. Das Landgericht stützt seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten ausschließlich auf DNA-Spuren, die auf dem Panzerklebeband, mit dem die Geschädigte gefesselt worden war, sichergestellt werden konnten und die mit einem Wert von 1:553 Trilliarden auf den Angeklagten als Spurenleger weisen. Den Zeugenaussagen der Schwester und des Schwagers des Angeklagten, die bekundet haben, dass er zur Tatzeit bei ihnen gewesen sei, hat die Strafkammer nicht geglaubt. Hinsichtlich der Aussage der Schwester begründet sie dies insbesondere damit, dass es nicht plausibel sei, dass die Zeugin derart wesentliche, ihren Bruder entlastende Angaben erstmals in der Hauptverhandlung und nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt gemacht habe. Die Zeugin habe dies auch nicht stichhaltig erklären können. Zudem habe sie auf Nachfrage mehrfach und immer lauter werdend beteuert, dass er wirklich bei ihr gewesen sei. Dies stelle ein typisches Verhalten für jemanden dar, der die Unwahrheit sage und sich in die Enge getrieben fühle“ (insgesamt: BGH, Beschl. v. 8.12.2015 − 3 StR 298/15 (LG Hannover)).

Das Zeugnisverweigerungsrecht ist der Beweiswürdigung unzugänglich

„Diese Würdigung der Aussage der Schwester des Angeklagten ist rechtsfehlerhaft. Sie verstößt gegen den vom BGH in steter Rechtsprechung hervorgehobenen Grundsatz, dass die Unglaubwürdigkeit eines zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Zeugen aus Rechtsgründen nicht daraus hergeleitet werden kann, dass dieser im Ermittlungsverfahren geschwiegen und erst in der Hauptverhandlung seine entlastenden Angaben gemacht hat; denn selbst die Verweigerung des Zeugnisses hätte nicht zum Nachteil des Angekl. gewertet werden dürfen. Würde die Tatsache, dass ein Zeugnisverweigerungsberechtigter von sich aus (zunächst) nichts zur Aufklärung beigetragen hat, geprüft und gewertet, so könnte er von seinem Schweigerecht nicht mehr unbefangen Gebrauch machen, weil er befürchten müsste, dass daraus später nachteilige Schlüsse zu Lasten des Angekl. gezogen würden“ (insgesamt: BGH, Beschl. v. 8.12.2015 − 3 StR 298/15 (LG Hannover)).

Das Urteil wurde aufgehoben und zu neuer Entscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Hannover zurückverwiesen.