Eine von Rechtsanwalt Dr. Baumhöfener begründete Revision hatte vor dem Bundegerichtshof (BGH) Erfolg. Der Bundegerichtshof ist dem Vortrag aus der Revision gefolgt, dass die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts Darmstadt durchgreifende Rechtsfehler aufweisen. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelhandel) in nicht geringer Menge in vier Fällen, in einem Fall tateinheitlich mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Die Feststellungen des Landgerichts

„Nach den Feststellungen des Landgerichts entschloss sich der Angeklagte M. spätestens im September 2014, zur Aufbesserung seiner finanziellen Situation mit Betäubungsmitteln zu handeln. Er bestellte unter einer fiktiven Firma über das Internet Betäubungsmittel. Die Lieferung der Drogenpakete erfolgte an ein von ihm beauftragtes Postdienstleistungsunternehmen in W. Die Aufgabe der Angeklagten l. bestand darin, in Kenntnis aller Umstände die Pakete in W. bei dem Postdienstleister abzuholen. Am 10. September 2014 und am 4. November 2014 bestellte der Angeklagte über die Internetplattform eines gesondert verfolgten Lieferanten 100 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 18,6 % Amphetaminbase. Die Betäubungsmittel wurden geliefert und an unbekannte Abnehmer verkauft (Fälle 11.1 und 11.4 der Urteilsgründe). Im Zeitraum März/April 2015 bestellte der Angeklagte bei einer nicht näher identifizierten Person in Wu. 1.019 Tabletten mit einem Wirkstoffgehalt von 112,8 g MDMA-Base, 753,2 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 103,7 g Amphetaminbase, weitere 1.083,4 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 138,6 g Amphetaminbase sowie 968 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 175,9 g Amphetaminbase. Das Paket konnte vor der Versendung am 9. April 2015 in Wu. sichergestellt werden (Fall 11.5 der Urteilsgründe). Am 27. August 2015 holte die Angeklagte l. mehrere Pakete, in denen sich 29, 18 g Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 18,53 g Kokainhydrochlorid, 674,29 g Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 396,6 g Amphetaminbase, 49 g MDMA mit einem Wirkstoffgehalt von 34,2 g MDMA-Base sowie 101,44 g Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 6,39 g Tetrahydrocannabiol befanden, bei dem Postdienstleister in W. ab. Der Angeklagte M. hatte das Rauschgift zuvor im Internet bestellt. Der Abholvorgang wurde observiert und die Betäubungsmittel wurden sichergestellt. Hiervon waren 14 g Kokain und 84 g Haschisch für den Eigenkonsum der Angeklagten bestimmt. Die übrigen Betäubungsmittel waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen (Fall 11.6 der Urteilsgründe)“ (BGH – Beschluss vom 21.8.18 – 2 StR 231/18).

Betäubungsmittelhandel

Die Entscheidung des BGH wegen Betäubungsmittelhandel

In der Revision zuvorderst die Strafzumessung in Bezug auf den Betäubungsmittelhandel hinsichtlich des geständigen Angeklagten angegriffen. Dem Vortrag aus der Revision ist der BGH gefolgt:

„Die Strafkammer hat ihre Überzeugung zu dem Wirkstoffgehalt in Höhe von 18,6 % der gehandelten Betäubungsmittel in den Fällen 11.1 und 11.4 allein auf das Geständnis des Angeklagten gestützt. Dies genügt hier nicht.
Zwar unterfällt auch die Bewertung eines Geständnisses dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäߧ 261 StPO. Das Tatgericht muss aber, will es die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein (…). Es ist deshalb stets zu untersuchen, ob das Geständnis dem Aufklärungsbedarf hinsichtlich der erforderlichen Feststellungen zur Tat genügt, ob es in sich stimmig ist und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (…).

Eingedenk dessen erschließt sich aus den Urteilsgründen nicht, wie der Angeklagte in den Fällen 11.1 und 11.4 einen Wirkstoffgehalt von exakten 18,6 % zugestehen konnte. Das Tatgeschehen liegt mehr als drei Jahre zurück. Die Urteilsgründe lassen offen, wieso dem Angeklagten der prozentual auf eine Nachkommastelle festgestellte Wirkstoffgehalt ohne Begutachtung bekannt und nach diesem relativ langen Zeitraum noch in Erinnerung sein sollte. Dies gilt umso mehr, als die Strafkammer in keinem der weiteren ausgeurteilten Fälle einen Wirkstoffgehalt von 18,6 % Amphetaminbase festgestellt hat. Der Rechtsfehler betrifft den Unrechts- und Schuldgehalt der Taten, so dass die Einzelstrafen in den Fällen 11.1 und 11.4 der Urteilsgründe bereits aus diesem Grund nicht bestehen bleiben können“ (BGH – Beschluss vom 21.8.18 – 2 StR 231/18).

Gegen den Strafausspruch bestanden jedoch weitere durchgreifende Bedenken, wie auch in der Revision vorgetragen. Dazu führt der 2. Senat des BGH Folgendes aus:

„Die Strafkammer hat sowohl bei der Ermittlung des konkreten Strafrahmens wie auch bei der Strafzumessung im engeren Sinn zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, ‚dass er die Taten begangen hat, ohne selber betäubungsmittelabhängig und damit auf die erzielten Einnahmen zur Finanzierung seines Konsums angewiesen gewesen zu sein‘. Vielmehr habe er ‚die Taten aus rein monetärem Interesse zur Verbesserung seines Lebensstandards sowie des Lebensstandards der Angeklagten‘ begangen.
Mit der Gewinnerzielungsabsicht hat das Landgericht zu Lasten des Angeklagten einen Umstand in die Strafzumessung eingestellt, der beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstößt. Denn eine Verurteilung wegen Betäubungsmittelhandels setzt tatbestandlich voraus, dass der Täter nach Gewinn strebt oder sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht (…). Zudem hat die Strafkammer mit der beim Angeklagten nicht bestehenden Betäubungsmittelabhängigkeit das Fehlen eines möglichen Strafmilderungsgrundes zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt“ (BGH – Beschluss vom 21.8.18 – 2 StR 231/18).

Im Umfang der Aufhebung wurde die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Darmstadt zurückverwiesen.

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