Misshandlung von Schutzbefohlenen

Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu den Tatbestandsvorraussetzungen des § 225 I StGB und hier insbesondere dem Merkmal des „Quälens“.

In einem interessanten Beschluss auf eine Revision gegen ein Urteil des Landgerichts Essen, setzt sich der BGH mit dem Tatbestand des § 225 I StGB (Misshandlung von Schutzbefohlenen) und dem Merkmal des „Quälens“ auseinander.

Gemäß § 225 I StGB wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, er eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

  1. seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
  2. seinem Hausstand angehört,
  3. von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
  4. ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,

quält oder roh misshandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt.

Dabei bedeutet „quälen“ im Sinne des § 225 Abs. 1 StGB „das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender Schmerzen oder Leiden (…), die über die typischen Auswirkungen der festgestellten einzelnen Körperverletzungshandlungen hinausgehen (…). Mehrere Körperverletzungshandlungen, die für sich genommen noch nicht den Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB erfüllen, können als ein Quälen im Sinne dieser Vorschrift zu beurteilen sein, wenn erst die ständige Wiederholung den gegenüber § 223 StGB gesteigerten Unrechtsgehalt ausmacht. In diesem Fall werden die jeweiligen Einzelakte zu einer tatbestandlichen Handlungseinheit und damit einer den Tatbestand des § 225 Abs. 1 StGB verwirklichenden Tat zusammengefasst (…). Ob sich mehrere Körperverletzungen zu einer als Quälen zu bezeichnenden Tathandlung zusammenfügen, ist auf Grund einer Gesamtbetrachtung zu entscheiden. Regelmäßig wird es dabei erforderlich sein, dass sich die festgestellten einzelnen Gewalthandlungen als ein äußerlich und innerlich geschlossenes Geschehen darstellen. Dabei sind räumliche und situative Zusammenhänge, zeitliche Dichte oder eine sämtliche Einzelakte prägende Gesinnung mögliche Indikatoren (….). In subjektiver Hinsicht ist es erforderlich, dass der Täter bei jeder Einzelhandlung den Vorsatz hat, dem Opfer sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zuzufügen, die über die typischen Verletzungsfolgen hinausgehen, die mit der aktuellen Körperverletzungshandlung verbunden sind (…)“ (BGH, 20.03.2012, 4 StR 561/11).