Droht ein Rechtsanwalt mit einer Strafanzeige bei Nichtzahlung einer angeblichen Forderung und unterstützt damit ein betrügerisches Geschäftsmodell, kann dies eine Nötigung gemäß § 240 StGB darstellen. So entschied nun der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 05.09.2013, Az.: 1 StR 162/13.
Als im Jahr 2009 ein Rechtsanwalt von einer Mandantin mit der Abmahnung von nicht bezahlten Forderungen gegen ihre Kunden beauftragt wurde, drohte der Anwalt den Empfängern der Mahnschreiben gegen den Willen der Mandantin gleichzeitig mit einer Strafanzeige für den Fall, dass die Zahlungen ausbleiben würden.
Bei dem Vertrag aus dem die Forderungen hervorgingen handelte es sich um einen „Gewinnspieleintragungsdienst“, was nach Ansicht der Gerichte ein betrügerisches Geschäftsmodell darstellte: Per Telefonakquise wurden die Kunden zur Teilnahme an einem kostenpflichtigen Gewinnspiel überredet. Dass das Gewinnspiel in Wirklichkeit gar nicht existierte, war weder den betrogenen Kunden noch dem später beauftragten Rechtsanwalt bewusst.
Formulierung „Mandantin behält sich rechtliche Schritte vor“ kann Nötigung darstellen
Trotz dessen erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Juristen Strafanzeige wegen Nötigung der Kunden aus § 240 StGB durch die Mahnschreiben.
Nach Ansicht des Staatsanwaltes habe der Rechtsanwalt eine Drohung in seinem Mahnschreiben eingebaut. Dies setze sich aus dem Satz, seine Mandantin behalte sich rechtliche Schritte vor und dem Hinweis, er nehme die Interessen seiner Mandantin auch bis zur konsequenten Durchsetzung der Forderung wahr, zusammen. Denn dies konnte vom Empfänger des Forderungsschreibens verstanden werden, als erwarte ihn eine Strafanzeige durch den Rechtsanwalt, falls er die Zahlung nicht vornimmt.
Richter stimmen Staatsanwaltschaft zu
Durch die Gestaltung des Mahnschreibens hatte auch nach Ansicht des BGH der Anwalt weitgehenden Einfluss auf die Erstattung einer Strafanzeige. Dies könne nicht mehr lediglich als Warnung, sondern vielmehr bereits als Drohung und somit als Nötigung aus § 240 StGB angesehen werden.
Unwissenheit des Anwalts schützt ihn nicht
Dass der Anwalt nichts von den betrügerischen Geschäften seiner Mandantin, also dass es eine Gewinnspielteilnahme gar nicht gab, wusste, half ihm in diesem Fall vor den Strafrichtern nicht weiter. Denn wie dem Juristen bekannt, wollte seine Mandantin eine gerichtliche Durchsetzung der Forderungen gegen die Kunden nicht erwirken. An dieser Stelle hätte nach Ansicht des Gerichts der Rechtsanwalt an der Rechtmäßigkeit der Forderungen zweifeln müssen und diese nicht abmahnen und damit nötigen dürfen.