Der Bundesgerichtshof hat auf eine Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Kassel erneut ausgeführt, dass eine „Scheinwaffe“ immer dann die Qualifikation des § 250 I Nr. 1, II Nr. 1 StGB auslösen kann, wenn die Gefährlichkeit für einen objektiven Beobachte nicht einzuschätzen ist.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

„Nach den Feststellungen des Landgerichts entwendete der Angeklagte am Tattag einem Mitpatienten in einem Krankenhaus ein Mobiltelefon. Mit Hilfe des Telefons erkundigte er sich, da er ein Bordell aufsuchen wollte, nach den dortigen Preisen; da er nicht über Geld verfügte, beschloss er, sich die notwendigen Mittel durch einen Tankstellenüberfall zu beschaffen.

Gegen 23.40 Uhr betrat er eine Tankstelle, stellte eine verschlossene Sporttasche auf die Verkaufstheke, nahm demonstrativ das Mobiltelefon in die Hand und erklärte dem Verkäufer, in der Tasche befinde sich eine Bombe, die er zünden werde, wenn ihm nicht das Geld aus der Kasse ausgehändigt werde. Da der Verkäufer nicht wie gewünscht reagierte, sondern die Drohung nicht ernst nahm, brach der Angekl. den Versuch ergebnislos ab.

Kurz darauf wiederholte er an einer nahe gelegenen anderen Tankstelle sein Unternehmen. Die verängstigte Verkäuferin händigte ihm auf Grund seiner Drohung 1525 € Bargeld sowie eine Stange Zigaretten aus. Das Geld gab der Angeklagte sodann wie geplant aus.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls, schwerer räuberischer Erpressung und versuchter schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt. Seine auf die Sachrüge gestützte Revision war unbegründet (BGH, Urteil vom 18. 8. 2010 – 2 StR 295/10 (LG Kassel)).

Pistole Revision Strafrecht

Dies begründete der Bundgerichtshof so:

„Die Verurteilung wegen schwerer räuberischer Erpressung (…) und versuchter schwerer räuberischer Erpressung (…) – jeweils unter Anwendung von § 250 Absatz I Nr. 1b StGB – begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die vom Angeklagten verwendeten Gegenstände – eine handelsübliche Sporttasche und ein Mobiltelefon – waren zwar nach ihrer objektiven Beschaffenheit ungefährlich, so dass, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, Fälle des § 250 Absatz II Nr. 1 StGB jedenfalls nicht vorlagen. Es war aber, entgegen der Ansicht der Revision und des Generalbundesanwalts, hier auch kein Sonderfall gegeben, in welchem die Drohungswirkung eingesetzter Gegenstände nicht auf deren objektivem Erscheinungsbild, sondern ausschließlich auf täuschenden Erklärungen des Täters beruht. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Fall, wenn die objektive Ungefährlichkeit eines vorgeblich gefährlichen Gegenstands schon nach dessen äußeren Erscheinungsbild offenkundig auf der Hand liegt; hierbei kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Einzelfall das Tatopfer eines solche Beobachtung tatsächlich machen konnte oder ob der Täter dies durch sein täuschendes Vorgehen gerade vereitelt (…).

Ein solcher Fall lag hier nicht vor. Für einen objektiven Beobachter war die Gefährlichkeit der vom Angeklagten verwendeten Gegenstände, die er täuschend als „Bombe” bezeichnete, überhaupt nicht einzuschätzen; der äußere Augenschein gab keinen Anhaltspunkt dafür, ob die Behauptung des Angeklagten über die Gefährlichkeit zutraf. Der Sachverhalt lag daher im Ergebnis nicht anders als bei Verwendung sonstiger als „Scheinwaffen” bezeichneter, objektiv ungefährlicher Gegenstände, so dass die rechtliche Einordnung durch das Landgericht sich als zutreffend erweist“ (BGH, Urteil vom 18. 8. 2010 – 2 StR 295/10 (LG Kassel)).

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