Das Oberlandegericht München hat dem Landgericht München auf eine Revision im Strafrecht erklärt, was diesem zur Steuerhinterziehung eigentlich bekannt sein sollte:

„Steuerhinterziehung kann nur vorsätzlich begangen werden (§ STGB § 15 StGB). Greift § 370 AO nicht ein, weil Vorsatz nicht festgestellt werden kann, so ist eine leichtfertige Tat gem. § 378 AO in Betracht zu ziehen. § 378 AO wirkt in solchen Fällen wie ein Auffangtatbestand (…).

(…) Zum Inhalt des für § 370 AO (Steuerhinterziehung) erforderlichen Vorsatzes gehört, dass der Täter den nach Grund und Höhe bestimmten Steueranspruch kennt oder wenigstens für möglich hält und ihn auch verkürzen will (…). Dies ist noch nicht der Fall, wenn der Täter die Höhe eines Anspruchs lediglich erkennen konnte, jedoch nicht erkannt hat (…). Leichtfertigkeit bezeichnet einen erhöhten Grad von Fahrlässigkeit, die nahe an den Vorsatz grenzt, sie kann nicht nur bei bewusster, sondern auch bei unbewusster Fahrlässigkeit vorliegen (…). Leichtfertig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den besonderen Umständen des Falles und seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen verpflichtet und imstande ist, obwohl sich ihm hätte aufdrängen müssen, dass dadurch eine Steuerverkürzung eintreten wird (…).

(…) Die Feststellung von Vorsatz oder Leichtfertigkeit ist Tatfrage, mit der sich der Tatrichter unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles sowie der Kenntnisse und der Erkenntnismöglichkeiten des Täters auseinanderzusetzen hat (…)“ (OLG München, Beschluss vom 15. 2. 2011 – 4 StRR 167/10).

Geld Synonym für Wirtschaftsdelikte im Revisionsverfahren

Steuerhinterziehung. Diese Voraussetzungen hat das Landgericht München missachtet:

„Das Urteil des Landgerichts stellt lediglich fest, dass dem Angeklagten bei Abgabe der Steuererklärung bekannt gewesen sei, dass er innerhalb der Spekulationsfrist Aktien an- und verkauft hatte und hierdurch ein Gewinn entstanden ist und er deswegen eine Steuerhinterziehung begangen hat Von welchen Aktiengeschäften und von welchem Spekulationsgewinn der Angeklagte konkret Kenntnis erlangt hat, teilt das Urteil nicht mit, sodass nicht dargelegt ist, dass er den in Frage stehenden Steueranspruch nach Grund und Höhe konkret gekannt hat.

(…) Die zur Bejahung des Vorsatzes wegen Steuerhinterziehung führende Beweiswürdigung des Landgerichts ist vorliegend darüber hinaus lückenhaft, weil sie sich nicht im gebotenen Maße mit der Einlassung des Angekl., er habe nicht gewusst, Spekulationsgewinne erzielt zu haben, auseinandersetzt und insbesondere die angesichts dieser Einlassung naheliegende Möglichkeit, dass statt vorsätzlichem nur leichtfertiges Handeln vorgelegen hat, nicht im einzelnen abwägt und erörtert. Das Landgericht stellt in seinen Erwägungen Gesichtspunkte dar, die nach seiner Auffassung für die Bejahung von Vorsatz sprechen, die Frage, ob angesichts der Behauptung des Angeklagten, sich mit den Ergebnissen der Wertpapieran- und -verkäufe gar nicht im Detail beschäftigt und folglich auch keine Kenntnis vom Eintritt eines Spekulationsgewinns gehabt zu haben, auch nur leichtfertiges Handeln vorgelegen haben könnte, erörtert es hingegen nicht“ (OLG München, Beschluss vom 15. 2. 2011 – 4 StRR 167/10).