Nach einem Urteil des Landgerichts Erfurt wurde der Angeklagte wegen zweifachen erpresserischen Menschenraubs jeweils in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Der Angeklagte legte gegen dieses Urteil Revision ein und hatte Erfolg. Er hatte gerügt, dass die gesetzliche Frist, in der das vollständige Urteil zu den Akten gebracht werden muss (vgl. § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO), nicht eingehalten worden ist. Dies bedeutet den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 7 StPO.

Verhinderung eines Richters an der Unterschriftsleistung

Das für die Beurteilung der Verfahrensrüge Wesentliche hatte sich wie folgt zugetragen:

„Das ausweislich des Protokollberichtigungsbeschlusses vom 5.4.2013 am 13.12.2012 nach sieben Hauptverhandlungstagen verkündete Urteil ist zwar am 30.1.2013 und damit vor der am 31.1.2013 ablaufenden siebenwöchigen Urteilsabsetzungsfrist bei der Geschäftsstelle eingegangen. Es war jedoch nicht vollständig, weil es nur von Richter am LG B unterzeichnet worden ist. Die Unterschrift des Vorsitzenden hat Richter am LG A durch den Vermerk ersetzt: „Vorsitzender Richter am LG A wurde zum Vorsitzenden Richter am Thüringer OLG in Jena ernannt. Auf telefonische Nachfrage am 29.1.2013 teilte er mit, dass er aufgrund der Arbeitsbelastung im Senat unabkömmlich und zeitlich nicht in der Lage ist, das hiesige Urteil noch vor Fristablauf zu unterzeichnen“ (BGH, Beschl. v. 26.9.2013 − 2 StR 271/13 (LG Erfurt)).

Urteil nicht innerhalb der Frist zu den Akten gereicht

Hiernach war das Urteil nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist vollständig im zu den Akten gelangt. Vollständig zu den Akten gelangt ist ein Urteil grundsätzlich nur dann, wenn es von allen an der Entscheidung mitwirkenden Richtern unterzeichnet ist.

Urteil grundsätzlich von allen Berufsrichtern zu unterzeichnen

„Die Unterzeichnung eines Strafurteils ist ein dringliches unaufschiebbares Dienstgeschäft (…), dessen Vornahme nur ausnahmsweise wegen anderer Dienstgeschäfte zurückzustehen hat. Mit ihrer Unterschrift beurkunden die mitwirkenden Richter, dass der Urteilstext die von ihnen verantworteten Gründe der Entscheidung dokumentiert. Die von allen Richtern getragenen Gründe sollen dem Rechtsmittelberechtigten eine sachgemäße Entscheidung über die Einlegung eines Rechtsmittels ermöglichen. Für das Rechtsmittelgericht, namentlich das Revisionsgericht, bilden sie die Grundlage der rechtlichen Überprüfung des Urteils. Dieser Bedeutung der schriftlichen Urteilsgründe sowie der Unterschrift der an der Entscheidung mitwirkenden Richter trägt die gesetzliche Regelung Rechnung. § 275 Absatz 2 Satz 1 postuliert den Grundsatz, dass das schriftliche Urteil von allen beteiligten Berufsrichtern zu unterzeichnen ist, während der nach § 275 Absatz 2 Satz 2 StPO mögliche Verhinderungsvermerk eine Ausnahme von dieser Regel normiert. Eine nach § 275 Absatz 2 Satz 2 StPO beurkundete Verhinderung genügt daher nur dann den rechtlichen Anforderungen, wenn sie diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis und der Bedeutung der persönlichen Unterschriftsleistung der mitwirkenden Richter Rechnung trägt“ (BGH, Beschl. v. 26.9.2013 − 2 StR 271/13 (LG Erfurt)).