Der Vorsitzende Richter der 5. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Köln hat es sich einfach gemacht. Er hat per Vorsitzendenentscheid angeordnet, dass die Verhandlung ohne die Anwesenheit des Angeklagten fortgesetzt wird, nachdem dieser trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Fortsetzungstermin nicht erschienen war. Zwar kann nach § 231 II StPO die Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten zu Ende geführt werden, wenn er über die Anklage schon vernommen war. Entscheiden kann darüber jedoch nur das Gericht.
Gericht besteht bei einer kleinen Strafkammer auch aus zwei Schöffen
Das Gericht – so lästig dies auch manch einem Vorsitzenden sein mag – besteht bei einer kleinen Strafkammer jedoch auch aus zwei Schöffen. Hierauf weist das Oberlandesgericht Köln hin:
„Hat der Vorsitzende eines Kollegialgerichts die Fortführung der Hauptverhandlung in Abwesenheit des Angeklagten verfügt, kann nicht ohne Weiteres in der schlichten weiteren Mitwirkung anderer Berufsrichter oder der Schöffen an der Hauptverhandlung eine stillschweigende Billigung dieser Entscheidung gesehen werden. Der Senat folgt insoweit der in der Kommentarliteratur vertretenen Ansicht, wonach dem Schweigen der Schöffen auf das Vorgehen des Vorsitzenden beim Übergang in die Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten nicht die Bedeutung eines Votums zukommt, das nach einer Beratung des Kollegiums abzugeben wäre (…), die in der Mitwirkung der anderen Richter in aller Regel die stillschweigende Billigung der kompetenzwidrigen Entscheidung des Vorsitzenden sieht, liefe auf eine reine Fiktion hinaus. In jedem Fall, in dem von Seiten der beisitzenden Richter und Schöffen nicht interveniert wird, hätte die Anordnung des Vorsitzenden als Entscheidung des Kollegialgerichts zu gelten, ohne dass gewährleistet ist, dass sich sämtliche Richter überhaupt ihrer Mitwirkungsmöglichkeit und des Charakters der Entscheidung als Ergebnis einer Ermessensausübung bewusst waren. Von daher ist der Ansicht zu folgen, die für eine Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten die entsprechende Entscheidung des Kollegialgerichts fordert, die zweckmäßig durch einen förmlichen Beschluss erfolgen und mit Blick auf die Bedeutung der Entscheidung, die einen absoluten Revisionsgrund eröffnen kann, auch begründet werden sollte. (…).
Hat entgegen § 231 Absatz II StPO nicht das Gericht, sondern der Vorsitzende entschieden, begründet dies den absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO. Es mangelt in diesem Fall an einer Ausnahmebestimmung zu § 230 Absatz I StPO, weshalb die Anforderungen von § 338 Nr. 5 StPO erfüllt sind“ (OLG Köln, Beschluss vom 20. 1. 2012 – III-1 RVs 290/11).