Wenn ein gefährliches Werkzeug bei einer Vergewaltigung nicht zu Nötigungszwecken eingesetzt wird, sondern allein zur eigenen Luststeigerung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem sexuellen Geschehen, kann dies den Tatbestand der besonders schweren Vergewaltigung gemäß § 177 IV Nr. 1 StGB erfüllen. Die Mindestfreiheitsstrafe für eine besonders schwere Vergewaltigung sind fünf Jahre.
In dem von dem 2. Senat des Bundesgerichtshofs (BGH) entschiedenen Fall hatte sich folgendes zugetragen:
Einsatz eines Jagdmessers zur Luststeigerung
Der Angeklagte nötigte die Geschädigte zum Oralverkehr. Dabei holte er ein Jagdmesser aus der Schreibtischschublade, demonstrierte der bereits früher wiederholt ohne Einsatz eines gefährlichen Werkzeugs zum Oralverkehr genötigten Geschädigten dessen Schärfe durch Zerschneiden eines Stücks Papier. Dann zog er die Messerspitze von der rechten Kopfseite aus über ihren Hals bis zur Brust über ihre Haut, ohne sie zu verletzen. Er wollte dadurch bei ihr Todesangst hervorrufen und für sich ein Lustgefühl erzeugen, bevor er die Geschädigte erneut durch Ergreifen mit der Hand zum Oralverkehr nötigte (BGH, Beschl.v. 15.4.2014 − 2 StR 545/13 (LG Köln)).
Besonders schwere Vergewaltigung gemäß § 177 IV Nr. 1 StGB
Der Angeklagte legte gegen das Urteil des Landgerichts Köln Revision ein. Er war der Überzeugung, dass, da er das Messer nicht zu Nötigungszwecken, sondern einzig zu seiner eigenen Luststeigerung einsetzte, der Tatbestand des § 177 IV Nr. 1 StGB nicht erfüllt sein, weil er die Waffe nicht zur Vergewaltigung verwendet habe.
Der BGH war anderer Meinung. Die Revision hatte keinen Erfolg.
„Die rechtliche Würdigung dieser Handlung als besonders schwere Vergewaltigung unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs ist rechtsfehlerfrei. Dabei kommt es nicht notwendigerweise darauf an, ob die generell verängstigte Geschädigte den Oralverkehr mit dem Angeklagten, wie in früheren Fällen, auch ohne den Einsatz des Messers gegen ihren Willen vorgenommen hätte. Das gefährliche Werkzeug muss zur Erfüllung des Qualifikationstatbestands nicht zwingend als Nötigungsmittel, sondern nur „bei der Tat“ verwendet werden, also entweder als Nötigungsmittel oder als Werkzeug bei der sexuellen Handlung. Dafür genügt es auch, wenn ein ‚einheitlicher Vorgang mit Sexualbezug‘ vorliegt. Ein solcher Vorgang ist nach den Feststellungen des LG erfolgt, da der Angekl. den Messereinsatz auch zur Luststeigerung vornahm.
Die Gefährlichkeit des Werkzeugs ist auch unter diesem Blickwinkel ‑ unbeschadet des Messereinsatzes gegenüber der Geschädigten ‚ohne Druck und ohne sie dabei zu verletzen‘ ‑ anzunehmen. Die zur Erfüllung des Qualifikationstatbestands genügende abstrakte Gefahr erheblicher Verletzungen war auch bei einem zurückhaltenden Einsatz unmittelbar an Kopf, Hals und Brust der Geschädigten gegeben“ (BGH, Beschl. v. 15.4.2014 − 2 StR 545/13 (LG Köln).