Es ist menschlich nachvollziehbar, dass Tatrichter im Rahmen der Strafzumessung von Tötungsdelikten häufig über das Ziel hinausschießen.

Die Tötung eines Menschen ist bereits den gesetzlichen Vorgaben zufolge mit erheblicher Freiheitsstrafe bedroht. Dem Tatrichter muss also zuzumuten sein, (sachlich) zu bewerten, ob die Gewaltanwendung, die den Todeserfolg herbeigeführt hat, erheblich über das zur Tötung erforderliche Maß hinausging oder nicht. Ist dies nicht der Fall, so darf der eigentliche Tötungsakt wegen des in § 46 III StGB normierten Doppelverwertungsverbots nicht straferschwerend berücksichtigt werden, weil die Tötung eine anderen Menschen bereits die tatbestandliche Zuordnung ausgelöst hat, hier § 212 I StGB (Totschlag).

Folgendes hatte sich zugetragen:

„Der Angeklagte erdrosselte im Anschluss an eine lautstarke Auseinandersetzung seine frühere Lebensgefährtin in deren Wohnung, indem er seinem Opfer eine „Baumwolloberbekleidung” mit einem doppelten Knoten um den Hals schlang und heftig zuzog. Anschließend transportierte er die Leiche in seinem Pkw zum Mainufer und warf sie in den Fluss. Über einen Monat später wurde der Leichnam in einer Schwemmgrube eines Wasserkraftwerks aufgefunden“ (BGH, Beschluss vom 19. 6. 2013 – 2 StR 117/13 (LG Hanau)).

Das Landgericht Hanau hat dem Angeklagten straferschwerend zur Last gelegt, dass er bei der Tatausführung eine besondere Brutalität an den Tag gelegt und außerdem im Nachtatverhalten (Beseitigung der Leiche) eine besondere Emotionslosigkeit offenbart habe. Es hat den Angeklagten zu 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Viel mehr geht für einen Totschlag nicht. Mit den strafzumessungsrechtlichen Erwägungen war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden:

„Aus dem Umstand, dass der Angeklagte sein Opfer unter erheblichem Kraftaufwand erwürgt hat, lässt sich der Vorwurf gesteigerter Brutalität nicht ohne weiteres ableiten. Die zur Tötung erforderliche Gewalt darf mit Blick auf den § 46 Absatz III StGB grundsätzlich nicht straferschwerend berücksichtigt werden. Es ist damit nicht mehr beschrieben als die Erfüllung des Tatbestands mit direktem Vorsatz. Zudem verlor das Opfer nach den Feststellungen aufgrund der Intensität des Drosselvorgangs bereits spätestens nach 15 Sekunden das Bewusstsein und verstarb nach höchstens 3 Minuten.

(…) Worin das Landgericht das emotionslose Nachtatverhalten des zum Tatvorwurf schweigenden Angeklagten sieht, wird in den Urteilsgründen nicht näher ausgeführt, so dass dem Revisionsgericht eine Nachprüfung nicht möglich ist. Ein besonders schulderschwerender Gesichtspunkt ergibt sich jedenfalls nicht daraus, dass der Angeklagte die Leiche in den Main warf, um eine Entdeckung zu verhindern. Er ist insoweit nicht über Maßnahmen der Sicherung und Verschleierung hinausgegangen“ (BGH, Beschluss vom 19. 6. 2013 – 2 StR 117/13 (LG Hanau)).

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