Der Bundesgerichtshof hat sich auf eine Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des Landgerichts Marburg erneut zu der Frage der Anwendung des § 239b StGB (Geiselnahme) in einem Zweipersonenverhältnis geäußert.
Folgende Feststellungen hatte das Landgericht Marburg zur Geiselnahme getroffen:
„Der Angeklagte lockte die Nebenklägerin in seine Wohnung, verschloss die Tür und stieß sie auf ein Sofa. Als sie versuchte, zur Ausgangstür zu gelangen, hielt er sie zurück und verklebte ihr mit einem Klebeband den Mund. Er umfasste sodann mit seiner Hand den Hals des Tatopfers und drückte dabei so fest zu, dass sie kaum noch Luft bekam, während er ihr sagte „Entweder Du machst jetzt mit oder …“. Danach entfernte er das Klebeband wieder und zwang sie, sexuelle Handlungen an ihm vorzunehmen bzw. seine sexuellen Handlungen zu dulden (BGH, Beschl. v. 27.5.2014 − 2 StR 606/13 (LG Marburg)).
Geiselnahme in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes und sexueller Nötigung
Das Landgericht Marburg hatte den Angeklagten u. a. wegen Geiselnahme in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Kindes und sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision war erfolgreich, weil die die Feststellungen nicht belegten, dass er auch einen Geiselnahme i.S.d. § 239b StGB verwirklicht hat.
Stabile Bemächtigungslage erforderlich
Dies begründet der BGH wie folgt:
„Wenn die qualifizierte Drohung ‑ hier die mit dem Zudrücken des Halses einhergehende konkludente Drohung mit dem Tod ‑ zugleich dazu dient, sich des Opfers zu bemächtigen und es in unmittelbarem Zusammenhang damit zu weitergehenden Handlungen zu nötigen, werden die abgenötigten Handlungen ausschließlich durch diese Drohung durchgesetzt, ohne dass der Bemächtigungssituation die in § 239 b StGB (Geiselnahme) vorausgesetzte eigenständige Bedeutung zukommt (…). Dass ‑ wie die Kammer annimmt ‑ bereits vor dieser Drohung eine durch die vorangegangenen Handlungen herbeigeführte stabile Bemächtigungslage bestanden hat, ist angesichts des gedrängten und ohne erkennbare Zwischenschritte aufeinanderfolgenden Tatablaufs nicht belegt“ (BGH, Beschl. v. 27.5.2014 − 2 StR 606/13 (LG Marburg)).