Zur Frage, wann eine Nötigung i.S.d. § 240 StGB beendet ist, hat der Bundesgerichtshof (BGH) einen interessanten Beschluss gefasst.
Folgendes hatte sich zugetragen:
„Nach den Feststellungen fuhr der Angeklagte am Tattag gegen 22.30 Uhr mit der Geschädigten, seiner ehemaligen Freundin, die er zuvor unter einem Vorwand zum Mitfahren veranlasst hatte, in einen Wald. Dort hielt er an und bedrohte die Geschädigte über einen Zeitraum von ca. ½ Stunde mit einer ihr gegenüber als echte Waffe bezeichneten Softair-Pistole, wobei er mit der Pistole hektisch herumhantierte und sie der Geschädigten auch für wenige Sekunden an die linke Seite ihres Kopfes hielt. Mit seinem Verhalten wollte der Angekl. der Geschädigten Angst einjagen. Er hatte die Vorstellung, dass dies für ihn das letzte Mittel sei, ihr zu zeigen, dass er es ernst meine und er sich gegenüber seinem vorherigen Verhalten geändert habe. Er wollte sie dadurch bewegen, die Beziehung zu ihm wieder aufzunehmen. Die Geschädigte, die die Pistole für echt hielt und in Todesangst geriet, erzählte dem Angekl. in ihrer Panik, dass sie ihn noch liebe, ihn zurückhaben wolle und sie es noch einmal miteinander versuchen sollten. Sie schlug ihm auch vor, gemeinsam aus dem Siegerland wegzugehen. Daraufhin ließ der Angekl. von ihr ab und legte die Softair-Pistole wieder in das Handschuhfach seines Autos. Das Ansinnen der Geschädigten, die Pistole wegzuwerfen, lehnte er mit der Bemerkung ab, dass es sein könne, dass sie ihn anlüge und er die Waffe noch brauchen würde“ (BGH, Beschluss vom 19. 6. 2012 – 4 StR 139/12 (LG Siegen)).
Keine vollendete Nötigung
Diese vom Landgericht (LG) Siegen getroffenen Feststellungen ergaben nach Ansicht des BGH nicht, wovon das Landgericht Siegen aber ausgegangen war, dass eine vollendete Nötigung vorlag. Seine Entscheidung begründete der Senat wie folgt:
„§ 240 StGB ist als Erfolgsdelikt ausgestaltet. Die tatbestandsmäßige Nötigungshandlung des Täters muss in kausalem Sinne zu dem vom Täter geforderten Verhalten des Opfers führen. Vollendet ist die Nötigung erst dann, wenn der Genötigte die verlangte Handlung vorgenommen oder zumindest mit ihrer Ausführung begonnen hat. Ein Teilerfolg, der mit Blick auf ein weitergehendes Ziel jedenfalls vorbereitend wirkt, kann für die Annahme einer vollendeten Nötigung ausreichen, wenn die abgenötigte Handlung des Opfers nach den Vorstellungen des Täters eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs darstellt (….). Entgegen der Auffassung des LG liegt in der Erklärung der Geschädigten, zu dem Angeklagten zurückzukehren, kein die Annahme einer vollendeten Nötigung rechtfertigender Teilerfolg. Das drohende Verhalten des Angeklagten zielte darauf ab, die Geschädigte zur Wiederaufnahme und Fortsetzung der Beziehung mit ihm zu bewegen. Die Tat war damit auf ein Verhalten der Geschädigten in der Zukunft gerichtet. Eine von der Geschädigten abzugebende Erklärung über ihr künftiges Verhalten war dagegen nach den Feststellungen vom Angeklagten nicht gewollt. Die Äußerungen der Geschädigten sind auch nicht als eigenständig bedeutsame Vorstufe des vom Angeklagten erstrebten künftigen Verhaltens der Geschädigten anzusehen. Zum einen entnimmt der Senat den Urteilsgründen, dass die entsprechende Ankündigung von der Geschädigten ersichtlich nicht ernst gemeint war (…). Zum anderen zeigt die Bemerkung des Angeklagten im Zusammenhang mit seiner Weigerung, die Softair-Pistole wegzuwerfen, dass der Angeklagte selbst die Erklärung der Geschädigten nicht als verbindlich ansah“ (BGH, Beschluss vom 19. 6. 2012 – 4 StR 139/12 (LG Siegen)).
Trotz dieser schönen Ausführungen war der BGH der Ansicht, dass in der Sache richtig entscheiden wurde. Das Landgericht Siegen hat den Angeklagten wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung zu der Jugendstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt. Aus vollendeter Nötigung mach der BGH eine versuchte … die Freiheitsstrafe bleibt hingegen bestehen.