Das Landgericht Krefeld hatte den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Jugendlichen verurteilt. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hatte keinen Erfolg.
Gestritten wurde insbesondre darüber, ob § 182 Absatz 3 StGB auch dann zur Anwendung kommen, wenn sich das Tatopfer gegen die sexuellen Übergriffe des Täters sträubt.
Nach § 182 Absatz 2 StGB wird eine Person über einundzwanzig Jahre, die eine Person unter sechzehn Jahren dadurch mißbraucht, daß sie
- sexuelle Handlungen an ihr vornimmt oder an sich von ihr vornehmen läßt oder
- diese dazu bestimmt, sexuelle Handlungen an einem Dritten vorzunehmen oder von einem Dritten an sich vornehmen zu lassen,
und dabei die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs steht der Anwendung dieser Norm nicht entgegen, dass die Nebenklägerin sich gegen die sexuellen Übergriffe des Angeklagten sträubte und ihn mehrfach bat, damit aufzuhören.
Dies begründet der dritte Senat wie folgt:
„Zwar wird in der Literatur und in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ‑ allerdings nur in nicht tragenden Erwägungen ‑ vereinzelt vertreten, nur einverständlich vorgenommene sexuelle Handlungen könnten den Tatbestand des § § 182 Absatz 3 StGB erfüllen (…).
Dieser Auffassung vermag der Senat jedoch nicht zu folgen:
Eine solche einschränkende Auslegung ist nicht durch den Wortlaut der Vorschrift veranlasst, denn ein „Ausnutzen“ ist nicht nur dann gegeben, wenn der Jugendliche infolge seiner fehlenden Selbstbestimmungsfähigkeit keinen der sexuellen Handlung entgegenstehenden Willen entwickeln kann, sondern auch dann, wenn das jugendliche Opfer seinen noch unterentwickelten und deshalb nur bedingt vorhanden entgegenstehenden Willen nicht verwirklichen, etwa aufgrund der Dominanz des Täters bzw. eines bestehenden „Machtgefälles“ nicht durchsetzen kann (…); allein diese Auffassung entspricht im Übrigen derjenigen des Gesetzgebers (BT-Dr. 12/4584, S. 8).
Auch das „Überspielen“ bzw. die Missachtung des zwar gebildeten, aber infolge der Reifemängel nicht durchsetzbaren entgegenstehenden Willens des Opfers stellt eine in den Schutzbereich der Norm fallende Fremdbestimmung dar. Auch der Jugendliche, bei dem die nicht abgeschlossene Entwicklung der sexuellen Selbstbestimmungsfähigkeit dazu führt, dass er einen entgegenstehenden Willen nicht verwirklichen kann, erweist sich nicht als „eigenverantwortlich“ (insgesamt: BGH, Beschl. v. 24.7.2014 − 3 StR 286/14 (LG Krefeld)).