Schon die einfache Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 AO wartet mit einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren auf. Insofern kann schon bei der einfachen Steuerhinterziehung eine Strafe abgeurteilt werden, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt wird. Es ist insofern unbedingt zu empfehlen, sich bereits in der Instanz vor dem Landgericht von einem Fachanwalt für Strafrecht beraten zu lassen, um bereits in dieser Instanz das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
In § 370 Abs. 3 AO ist die schwere Steuerhinterziehung geregelt, die mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis hin zu zehn Jahren Freiheitsstrafe kodifiziert ist.
Neben der leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO, die keinen Vorsatz im subjektiven Tatbestand voraussetzt und als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 50.000,00 Euro geahndet werden kann, gibt es im Steuerstrafrecht auch die Vorschriften aus dem Umsatzsteuergesetz (§§ 26 ff. UStG).
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH)
Bei der Strafzumessung im Steuerstrafrecht hat der BGH entschieden, dass die tatsächliche Höhe eines Hinterziehungsbetrags im Rahmen der Steuerhinterziehung einen Strafzumessungsumstand nach § 46 StGB darstellt, der in besonderer Weise vom Gericht zu werten und zu gewichten ist.
In der Grundsatzentscheidung vom 02.12.2008 (Az.: 1 StR 416/08) wird entschieden, dass die Höhe der Strafe zum eingetretenen Verkürzungsschaden abhängig gemacht wird. Es wird ferner ein Bezug zum strafrechtlichen Betrug nach § 263 StGB konstruiert, sodass auch eine Steuerhinterziehung von über 50.000,00 Euro bereits als großer Steuerschaden bezeichnet wird und eine Geldstrafe bzw. eine Freiheitsstrafe zur Aussetzung auf Bewährung nicht mehr möglich ist.
Auch wird darauf Bezug genommen, dass im Falle eines großen Steuerschadens eine Verhandlung im Strafbefehlsverfahren, welches nicht nur für Prominente bzw. in der Öffentlichkeit stehende Beschuldigte durchaus angenehmer sein kann, nicht in Betracht kommt und dass eine Aussetzung zur Bewährung nur bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe in Erwägung zu ziehen ist, welche entsprechend glaubhaft dargelegt werden müssen.
Die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nach § 153 a StPO unter Auflage kann bei einem Steuerschaden von bis zu 50.000,00 Euro in Betracht kommen, wobei auch dieser Kompromiss zwischen Verhandlung und „großer“ Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO reizvoll sein kann, wenn diese Option in der Verteidigungsstrategie vorher besprochen und als gangbar bezeichnet wurde.
Bei einem Steuerschaden von bis zu 100.000,00 Euro kommt zwar auch eine Einstellung unter Auflagen sowie eine Behandlung im Strafbefehlsverfahren nach § 400 Abgabenordnung (AO) in Betracht, es droht aber auch eine Freiheitsstrafe von einem Jahr.
Die Steuerhinterziehung von bis zu 1.000.000,00 Euro führt zu einer Freiheitsstrafe und der Aussetzung zur Bewährung bei einem Strafrahmen von maximal zwei Jahren, sodass die allgemeinen Bewährungsregeln nach § 56 StGB heranzuziehen sind. Die Geldstrafe kann nur bei Vorliegen der besonderen Milderungsgründe in Betracht kommen, woran nach der Entscheidung des BGH hohe Anforderungen zu stellen sind.
Mit Urteil des BGH vom 7. Februar 2012 (Az.: 1 StR 525/11) wurde entschieden, dass bei einem Steuerschaden von über 1.000.000,00 Euro eine Freiheitsstrafe zwingend sein kann und eine Geldstrafe nicht in Betracht kommt. In Anlehnung an die Strafzumessungsregeln bei einem Steuerschaden von bis zu 100.00,00 Euro kann eine Freiheitsstrafe dann nach § 56 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn besondere Milderungsgründe vorliegen.
Mit der Grundsatzentscheidung des BGH vom 2. Dezember 2008 wurde auch klargestellt, dass bei sogenannten Schwarzarbeitern der höhere hinterzogene Beitrag anders als bisher angenommen als Nettobetrag zu sehen ist und bei „Hochrechnung“ des hypothetischen Bruttoarbeitslohns eben dieser für die Strafzumessung maßgeblich sein soll. Damit fällt die Strafe naturgemäß höher aus, da der Bruttoarbeitslohn auch höher liegt.
Lehren für die Strafverteidigung
Der BGH hat mit seinen Entscheidungen aus den Jahren 2008 und 2012 deutlich gemacht, dass bis zu gewissen Grenzen des Steuerschadens im Rahmen des Steuerstrafrechtes gewisse Strafzumessungsfolgen unausweichlich sind.
Insoweit muss es dem Strafverteidiger gelingen, den Steuerschaden gering zu halten, damit im Idealfall, sollte ein Freispruch nicht realistisch erscheinen, eine geringe Geldstrafe oder zumindest eine Freiheitsstrafe mit Aussetzung zur Bewährung erfolgen kann.
Die genaue Strategie gilt es, mit einem erfahrenen Strafverteidiger und Experten für die strafrechtliche Revision abzustimmen.
Auch die sogenannten mildernden Umstände, auf welche der BGH eingeht, müssen berücksichtigt werden. Hier gilt es, sowohl das Nachtatverhalten des Beschuldigten als auch auf die Lebensleistung einzugehen.
In diesem Kontext muss die Selbstanzeige im Voraus thematisiert werden, die möglichst rasche Nachzahlung eines Steuerschadens nebst Zinsen und Zuschlägen und das Augenmerk sollte darauf gerichtet werden, welche erheblichen Steuern bereits im Voraus und nach der Tat zum Wohle der Allgemeinheit gezahlt wurden.
Aufgrund der Grundsatzentscheidungen des BGH, welche zu drastischen Strafen bei der Steuerhinterziehung führten, muss der Strafverteidiger das Instrument der Strafzumessung, deren Regelungsgehalt in § 41 StGB legal definiert ist, zum Vorteile seines Mandanten nutzen. Die sogenannte „kombinierten“ Freiheitsstrafe plus Geldstrafe, bei der die Freiheitsstrafe im Hinblick auf die Aussetzung zur Bewährung zwei Jahre nicht überschreitet und der darüber liegende Anteil der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt wird, soll laut BGH nur sehr restriktiv oder im Idealfall und somit zulasten des Beschuldigten, gar nicht verhangen werden.
Insoweit mahnt der BGH in seinem Urteil aus 2019 einen entsprechend restriktiven Umgang an, um seine eigenen Grundsatzentscheidungen bezüglich der Ausnahmeregelungen nur bei Vorliegen besonders mildernder Umstände nicht zu konterkarieren (Az.: 1 StR 367/18).
Gerade bei der Bearbeitung einer Revision im Steuerstrafrecht liegt der Schwerpunkt des Revisionsangriffs häufig im Bereich der Strafzumessung, da in diesem Bereich besonders häufig Fehler seitens der Tatgerichte gemacht werden.
Wenden Sie sich für die Beratung über die Bearbeitung einer Revision aus dem Steuerstrafrecht vertrauensvoll an Rechtsanwalt & Fachanwalt für Strafrecht Dr. Baumhöfener.