Eine von Rechtsanwalt Dr. Baumhöfener begründete Revision in dem von der Presse so betitelten „20-Cent-Fall“ war erfolgreich. Das Landgericht Hamburg verurteilte den Angeklagten K. zu drei Jahren und vier Monaten Jugendstrafe. Dieses Urteil wurde auf die Revision hinsichtlich des Ausspruchs über die Strafhöhe aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Jugendkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen.

Seine Entscheidung begründete der fünfte Senat des Bundesgerichtshofs wie folgt (Auszug):

„Nicht zu bemängeln ist zwar, dass die Jugendkammer angesichts der – freilich allein mit einfacher Fahrlässigkeit verursachten – Tatfolge auch mit Blick auf ein in der Tat zum Ausdruck kommendes beträchtliches Maß an Pflichtwidrigkeit Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld verhängt hat. Die weiteren Ausführungen des Landgerichts lassen jedoch besorgen, dass es entgegen § 18 Abs. 1 Satz 3 JGG dem Strafrahmen des Erwachsenenstrafrechts ein ihm nicht zukommendes Gewicht beigemessen hat. Die in den gesetzlichen Regelungen des allgemeinen Strafrechts zum Ausdruck gelangende Bewertung des Ausmaßes des in einer Straftat hervorgetretenen Unrechts (…) entbindet das Tatgericht nämlich nicht davon, bei der Bemessung der Jugendstrafe die Schwere des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Jugendlichen abzuwägen (…). Denn auch bei einer wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe bemisst sich deren Höhe vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen in jedem Fall erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm gebührende Beachtung geschenkt worden ist (…) (BGH – Beschluss vom 22.06.2011 – 5 StR 202/11 (LG Hamburg)).

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Strafzumessungserwägungen genügen Anforderungen nicht

Diesen Anforderungen genügen die Strafzumessungserwägungen nicht in vollem Umfang. Es hätte eingehender Erörterung bedurft, inwieweit die Verbüßung einer längeren Jugendstrafe zur Behebung der im Urteil festgestellten “Störung des Selbstwertgefühls” des Angeklagten erforderlich ist. Namentlich wäre in diesem Zusammenhang zu bedenken gewesen, dass der Angeklagte bislang nicht in nennenswertem Umfang straffällig geworden ist und aus einer intakten Familie stammt, die ihn auch nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft gestützt hat und weiterhin stützt. Unter Berücksichtigung des persönlichen und familiären Hintergrundes hätte sich die Jugendkammer mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob entsprechend ihrer Annahme (…) die unzweifelhaft schwerwiegende Tat wirklich Ausdruck besonderer krimineller Energie ist, zumal der Eintritt des Todes durch den Faustschlag auf einem eher ungewöhnlichen Kausalzusammenhang beruhte. Sie hätte dabei auch bedenken müssen, ob der Tat nicht vielmehr Ausnahmecharakter zukommt, weil sie in einer besonderen Tatsituation einem durch alkoholbedingte Enthemmung und jugendtypische Solidarisierung mit dem Mitangeklagten I. begünstigten spontanen Tatentschluss entsprungen ist; von dem Mitangeklagten war die erste Provokation ausgegangen.

Des Weiteren hätte erwogen werden müssen, welche erzieherischen Wirkungen die Untersuchungshaft von rund acht Monaten, im Rahmen derer eine Ausbildung begonnen worden ist (…), auf den zuvor nicht bestraften Angeklagten gehabt hat (…)“ (BGH – Beschluss vom 22.06.2011 – 5 StR 202/11 (LG Hamburg)).