Der Bundesgerichtshof (BGH) hat auf eine Revision des Angeklagten seine Rechtsprechung aufrecht erhalten, das § 226 I Nr. 2 StGB (schwere Körperverletzung) dann einschlägig ist, wenn als Folge der vorsätzlichen Körperverletzung so viele Funktionen ausgefallen sind, dass das Körperglied weitgehend unbrauchbar geworden ist und von daher die wesentlichen faktischen Wirkungen denen eines physischen Verlusts entsprechen.
Schwere Körperverletzung ist ein Verbrechen i.S.d. § 12 StGB
Nach § 226 I Nr. StGB wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft, wenn die Körperverletzung zur Folge hat, daß die verletzte Person ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann.
In dem konkret zu beurteilenden Sachverhalt schoss der Angeklagte dem Nebenkläger „mit einer mit Schrotpatronen geladenen Pumpgun aus einem Meter Entfernung in dessen rechtes Knie. Der Geschädigte befand sich wegen der erlittenen Schussverletzung mehr als zwei Monate lang in stationärer Behandlung. Er wurde zwölfmal operiert, zuletzt im Sommer 2012. Seit der letzten Operation kann der Geschädigte erstmals seit der Tat wieder ohne Unterarmgehstützen gehen. Infolge der Schussverletzung ist das rechte Knie dauerhaft geschädigt. Es besteht ein Muskeldefizit rechts sowie eine Beugehemmung von 60 Grad. Außerdem liegt eine Instabilität vor, die muskulär nur teilweise kompensiert werden kann, so dass in Zukunft mit dem Auftreten einer Arthrose im rechten Kniegelenk zu rechnen ist, die eine Knieprothese notwendig machen wird. Dem Geschädigten werden dauerhaft keine schweren körperlichen Belastungen, sondern nur sitzende Tätigkeiten möglich sein“ (BGH, Beschl. v. 15. 1. 2014 − 4 StR 509/13 (LG Dortmund)).
Tatbestand des § 226 StGB nicht erfüllt
„Für die Beurteilung, ob ein wichtiges Glied im Sinne des § 226 Absatz 1 Nr. 2 StGB nicht mehr gebraucht werden kann, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung zu ermitteln, ob als Folge der vorsätzlichen Körperverletzung so viele Funktionen ausgefallen sind, dass das Körperglied weitgehend unbrauchbar geworden ist und von daher die wesentlichen faktischen Wirkungen denjenigen eines physischen Verlustes entsprechen (…).
Diese strengen Voraussetzungen sind nach den Urteilsfeststellungen nicht erfüllt. Die dort genannten gesundheitlichen Folgen der Tat für den Nebenkläger stellen für ihn zwar eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung dar, da er das Knie nur eingeschränkt beugen kann und ihm schwere körperliche Belastungen dauerhaft nicht möglich sein werden. Diese erheblichen Beeinträchtigungen belegen aber noch keinen Funktionsverlust, der einem physischen Verlust des Körpergliedes gleichzustellen wäre. Damit ist der Tatbestand der schweren Körperverletzung nicht erfüllt“ (BGH, Beschl. v. 15. 1. 2014 − 4 StR 509/13 (LG Dortmund)).