Wer einer Straferleichterung aufgrund eines Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB für sich reklamieren will, muss anerkennen, dass er Täter ist und nicht Opfer.

Drei Angeklagte verletzen ihr Opfer schwer. Neben zwei wuchtigen Messerstichen in den Oberkörper, treten sie den am Boden liegenden Nebenkläger gegen den Oberkörper und Kopf. Neben Freiheitsstrafen hat das Landgericht Dortmund im Adhäsionsverfahren entschieden, dass die Angeklagten ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000 € zu zahlen haben. Die Angeklagten haben den Schmerzensgeldanspruch des Nebenklägers dem Grunde nach anerkannt; die Tatbegehung haben sie bestritten. Sie haben sich dahin eingelassen, dass sie sich gegen den Nebenkläger, der mit einem Holzstock und einem Messer bewaffnet gewesen sei, nur verteidigt hätten. „Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt, dass zwischen den Familien der Angeklagten und des Nebenklägers weiterhin ein wechselseitiges Vergeltungsbedürfnis bestehe und es „vor dem Gericht“ zu verbalen Auseinandersetzungen und dem Ansatz von Handgreiflichkeiten gekommen sei“ (BGH, Urteil vom 23.05.2013 – 4 StR 109/13).

Kampf Revisionsverfahren

Täter-Opfer-Ausgleich: Ausdruck der Übernahme von Verantwortung

In der Revision machen die Angeklagten geltend, dass ihnen eine Strafrahmenverschiebung versagt worden sei, obwohl sie sich bemüht haben, den Schaden den Schade wiedergutzumachen, sog. Täter-Opfer-Ausgleich (§ 46a Nr. 1 StGB). Nach Auffassung des BGH hat das Landgericht den Täter-Opfer-Ausgleich zu Recht abgelehnt:

„Die Bestimmung des § 46a Nr. 1 StGB (Täter-Opfer-Ausgleich) verlangt, dass der Täter in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Opfer zu erreichen, die Tat „ganz oder zum überwiegenden Teil“ wiedergutgemacht hat, wobei es aber auch ausreichend sein kann, dass der Täter dieses Ziel ernsthaft erstrebt. Das Bemühen des Täters setzt grundsätzlich einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt und „Ausdruck der Übernahme von Verantwortung“ sein muss (…). Daran fehlt es hier. Denn die Angeklagten haben die ihnen zur Last gelegte gravierende Gewalttat als Verteidigungshandlung gegen einen rechtswidrigen Angriff des Tatopfers hingestellt und somit schon die Opfer-Rolle des Geschädigten bestritten. Eine Übernahme von Verantwortung kann hierin nicht gesehen werden (…).

Die Urteilsgründe belegen darüber hinaus, dass ein kommunikativer „friedensstiftender“ Prozess zwischen den Angeklagten und dem Nebenkläger, also ein Täter-Opfer-Ausgleich, nicht einmal ansatzweise stattgefunden hat. Die Angeklagten haben hinsichtlich des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs lediglich ein prozessuales Anerkenntnis „dem Grunde nach“ gegenüber dem Gericht erklärt. Vom Nebenkläger als friedensstiftenden Ausgleich akzeptierte Leistungen haben sie nicht erbracht (…). Angesichts der Schwere der begangenen Tat und der erheblichen Verletzungsfolgen bei dem Nebenkläger war eine bloße Entschuldigung völlig unzureichend, zumal weiterhin erhebliche Spannungen zwischen den Familien der Angeklagten und dem Tatopfer bestehen“ (BGH, Urteil vom 23.05.2013 – 4 StR 109/13).

Wer einer Straferleichterung aufgrund eines Täter-Opfer-Ausgleichs für sich reklamieren will, muss anerkennen, dass er Täter ist und nicht Opfer. So ist das eben.