In vorliegendem Fall hatten sowohl der Nebenkläger als auch der Angeklagte Revision eingelegt. Die Revision des Nebenklägers, der die Ablehnung des Mordmerkmals „Heimtücke“ seitens des Landgerichts Bad Kreuznach rügte, hatte keinen Erfolg. Erfolgreich war hingegen die Revision des Angeklagten, der rügte, dass das Landgericht sich nicht mit dem Vorliegen eines minder schweren Totschlags auseinandergesetzt hat.

Hinsichtlich des Vortrags des Nebenklägers heißt es in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs:

„Entgegen der Rüge der Nebenklage begegnet die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe nicht heimtückisch gehandelt, da der Nebenkläger beim tödlichen Angriff nicht arglos gewesen sei, keinen durchgreifenden Bedenken. Die Kammer hat zwar ausdrücklich nur darauf abgestellt, dass der Nebenkläger schon beim ersten Anblick des Angeklagten mit einer körperlichen Auseinandersetzung gerechnet habe, weil er dessen 15-jährige Tochter sexuell belästigt hatte, und dass er sich deshalb sogleich, ohne den Angeklagten auch nur zu begrüßen, entfernen wollte. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich aber, dass die fehlende Arglosigkeit des Nebenklägers auch zu Beginn der mit Tötungsvorsatz begangenen Handlung noch andauerte. Dies steht der Annahme der Heimtücke entgegen (vgl. BGHSt 32, BGHST Jahr 32 Seite 382 [BGHST Jahr 32 Seite 384]; BGHR StGB § 211 II Heimtücke 7 und 13). Nach den Feststellungen der Kammer hat der Angeklagte den Nebenkläger im Folgenden nämlich angehalten und unvermittelt gefragt, was dieser mit seiner Tochter mache, und sodann, als er den Eindruck hatte, der Nebenkläger grinse ihn verhöhnend an, den Tatentschluss gefasst. Vor diesem Hintergrund begegnet die Annahme, der Nebenkläger sei nicht arglos gewesen, keinen Bedenken, da insbesondere die Frage nach der Tochter des Angekl. die Befürchtungen des Nebenklägers verstärken musste. Dem steht nicht entgegen, dass der Nebenkläger bis zuletzt nicht bemerkt hatte, dass der Angekl. ein Messer mit sich führte, und sich somit in der Gefährlichkeit des zu erwartenden Angriffs verschätzt haben kann (vgl. insoweit BGHR StGB § 211 Heimtücke 13)“ (BGH, Beschluss vom 8. 9. 2010 – 2 StR 274/10). Ein versuchter Mord wegen heimtückischer Begehung scheidete also aus.

Zu der Revision des Angeklagten führt das Gericht aus:

„Das LG hat sich rechtsfehlerhaft nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Voraussetzungen eines minder schweren Falls des versuchten Totschlags i.S. des § 213 Alt. 1 oder Alt. 2 StGB vorlagen. Unter den gegebenen Umständen hätte es sich zu einer Erörterung gedrängt sehen müssen. Schon zur Prüfung der zwingenden Strafmilderung nach § 213 Alt. 1 StGB bestand Anlass, da die Kammer davon ausgegangen ist, der Angeklagte habe erst an diesem Abend von den sexuellen Übergriffen des Nebenklägers auf seine Tochter erfahren und habe den Gesichtsausdruck des Nebenklägers als verhöhnend und deshalb provozierend empfunden, was bei ihm zu einer affektiven Erregung und dem spontanen Tatentschluss geführt habe. Jedenfalls hätte es der Erörterung bedurft, ob die allgemeinen Strafmilderungsgründe die Annahme eines sonst minder schweren Falles nach § 213 Alt. 2 StGB rechtfertigen konnten. Bereits an dieser Stelle wären zugunsten des Angeklagten die Strafmilderungsgründe, die das Gericht im Rahmen der konkreten Strafzumessung angeführt hat (Teilgeständnis, ernsthafte Reue, Handeln auf Grund von Ärger, Wut und Erregung aufgrund der Übergriffe auf seine Tochter, spontaner Tatentschluss, keine erhebliche dauerhafte körperliche Beeinträchtigung des Opfers, Erstverbüßer), unter Berücksichtigung der Strafschärfungsgründe zu würdigen gewesen. Hätten nach der Bewertung des Tatrichters die allgemeinen Strafmilderungsgründe allein zur Begründung eines minder schweren Falls nicht ausgereicht, hätte auch der vertypte Strafmilderungsgrund des § 23 STGB § 23 Absatz II StGB neben allen anderen, in den Urteilsgründen dargestellten Milderungs- und Erschwerungsgründen im Rahmen einer Gesamtbewertung erörtert werden müssen“ (BGH, Beschluss vom 8. 9. 2010 – 2 StR 274/10).

Da somit einer anderer Strafrahmen für die Bemessung der Strafe zu Grunde gelegt werden musste, konnte auch das Beruhen des Urteils auf diesem Rechtsfehler nicht ausgeschlossen werden. Die Strafe musste deshalb von einem anderen Gericht neu zugemessen werden.

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